Quellenstze.
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Ihr getrost entgegengehen um der Ehre willen, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir drfen mit Zuversicht vertrauen: Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sichern, glorreichen Frieden und die Wiederkehr einer glcklichen Zeit.
Breslau, den 17. Mrz 1818. Friedrich Wilhelm.
4) Aus dem Aufruf der kniglichen Prinzessinnen an die Frauen im preuischen Staate": Das Vaterland ist in Gefahr! So sprach der König zu seinen treuen, ihn liebenden Untertanen, und alles eilt herbei, um es dieser Gefahr zu entreien .... Auch wir Frauen mssen mitwirken, die Siege befrdern helfen, auch wir mssen uns mit den Mnnern und Jnglingen vereinen zur Rettung des Vaterlandes. Gern stellen wir uns, die wir dem Vaterlande angehren, an die Spitze dieses Vereins. Wir hegen das feste Vertrauen, es wollen die edelmtigen Frauen und Tchter jedes Standes mit uns dazu beitragen, da Hilfe geleistet werde den Mnnern und Jnglingen, die fr das Vaterland kmpfen, damit es wieder in der Reihe der geachteten Staaten dastehe und der Friede seine Segnungen ausstrmen knne.
Nicht blo bares Geld wird unser Verein als Opfer dargebracht annehmen, sondern jede entbehrliche wertvolle Kleinigkeit das Symbol der Treue, den Trauring, die glnzende Verzierung des Ohres, den kostbaren Schmuck des Halses. Gern werden monatliche Beitrge, Materialien, Leinwand, gesponnene Wolle und Garn angenommen, und selbst unentgeltliche Verarbeitung dieser rohen Stoffe als Opfer angesehen werden. Solche Gaben, Geschenke und Leistungen geben fortan das Recht, sich Teilgenossen des Frauenvereins zum Wohle des Vaterlandes zu nennen.*)
5) Aus einem in Zeitungen verffentlichten Verzeichnis von Gaben.
Zehn Taler, von einer armen Frau zu einem Kleide erspart, mit der Be-
merkung: Die Jger brauchen es notwendiger als ich."
Dem Vaterlande!" Drei silberne Elffel.
Von einem Geschwisterpaar eine goldene Halskette und eine Reiherfeder.
Ein Paar goldene Ohrringe, ein Ring, Teesieb und Strickscheiden mit fol-genden Zeilen: Alles, alles, was ich habe,
Ist diese ganz kleine Gabe,
Wr' die Zeit jetzt nicht so schwer,
Gerne, gerne gb' ich mehr."
Der Schuhmacher V.: drei Paar neue Stiefel und zehn Taler.
Von drei Dienstmdchen: ein silberner Becher, eine dergleichen Nadelbchse, sieben Medaillen und fnfundzwanzig Taler.
Von der Witwe A.: einundachtzig Stck Tornister.
Zur Verwandlung in Eisen: ein silbernes Degengef, einem franzsischen Offizier in der Schanze vor Kolberg 1807 abgenommen.
Ein Zopf eigener Haare: Der Friseur M. hat fr dieses Haar zehn Taler geboten: es macht mich glcklich, dem Vaterlande dieses kleine Opfer bringen zu knnen. **)
6) Eine englische Zeitschrift, The Quarterly Eeview, schrieb 1819: Wir haben nicht Lust, uns zu den Anhngern jenes berspannten Planes zu bekennen, der jetzt aufgetaucht ist, und knnen nur lachen der eine so abgeschmackte, unausfhrbare Idee, wie die ist, eine Strae von Eisen herstellen zu wollen, auf der Wagen durch Dampf befrdert werden und noch dazu doppelt so schnell, als Schnellposten laufen knnen."
7) der die Erffnung berichtete eine Berliner Zeitung: Die Erffnung der Berlinpotsdamer Eisenbahn auf der Strecke von Potsdam nach Zehlendorf hat
*) Prof. A. Richter, Quellenbuch. **) Nach Hoffmeyer und Hering, Quellenbuch.
Christensen, Lehrbuch. Iv. Neubtg. 6
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Christensen
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Quellenstze.
heute unter den gnstigsten Verhltnissen stattgefunden. In gewisser Beziehung ist dieses Ereignis, da es den Anfangspunkt der Bentzung der Eisenbahnen im Preuischen Staate bildet, fr diesen eines der wichtigsten des Jahrhunderts. Ein schneidendes Pfeifen gab das Signal zur Abfahrt. Sie begann in langsamem Tempo, wuchs aber mit jeder Sekunde, bis sie jene rapide Schnelligkeit erreicht hatte, wodurch die Eisenbahnen ihren so glnzenden Sieg der alle sonstigen Mittel des Fortkommens erfochten. Einige Reiter versuchten eine Zeit lang den Wagenzug zu begleiten; doch schon nach wenigen Minuten konnten die erschpften Pferde nicht mehr in gleicher Schnelligkeit folgen."
8) König Friedrich Wilhelm der Vierte ruht in Gott. Er ist erlst von den schweren Leiden, die er mit frommer Ergebung trug . . . Dem Könige, der so Groes zu begrnden wute, dessen unvergeliches Wort: Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen! auch Meine Seele erfllt, gebhrt ein hervorragender Platz in der glorreichen Reihe der Monarchen, welchen Preußen seine Gre verdankt, welche es zum Trger des deutschen Geistes machten... Es ist Preuens Bestimmung nicht, dem Genu der erworbenen Gter zu leben. In der Anspannung seiner geistigen und sittlichen Krfte, in dem Ernst und der Aufrichtigkeit seiner religisen Gesinnung, in der Vereinigung von Gehorsam und Freiheit, in der Strkung seiner Wehrkraft liegen die Bedingungen seiner Macht; nur so vermag es seinen Rang unter den Staaten Europas zu behaupten . . . Meine Pflichten fr Preußen fallen mit Meinen Pflichten fr Deutschland zusammen. Als deutschem Fürsten liegt Mir ob, Preußen in derjenigen Stellung zu krftigen, welche es vermge seiner rhm-vollen Geschichte, seiner entwickelten Heeresorganisation unter den deutschen Staaten zum Heile aller einnehmen mu." (Wilhelm I., An Mein Volk.)
9) Whrend eines ganz unglaublich langweiligen Vortrages eines hochge-schtzten Kollegen" schrieb er an seine Schwester: Ich habe nie gezweifelt, da sie alle mit Wasser kochen, aber eine so nchterne, einfltige Wassersuppe, auf der auch nicht ein einziges Fettauge zu spren ist, berrascht mich. Schickt den Schulzen $ oder Herrn von 2) aus dem Chausseehause her; wenn sie gewaschen und gekmmt sind, so will ich in der Diplomatie Staat mit ihnen machen."
10) Das Vertrauen ist allgemein. . . Jeder so todesmutig, ruhig, folgsam, gesittet, mit leerem Magen, nassen Kleidern, nassem Lager, wenig Schlaf, abfallenden Stieselsohlen, freundlich gegen alle, kein Plndern und Sengen, bezahlen, was sie knnen, und essen verschimmeltes Brot. Es mu doch ein tiefer Grund von Gottes-furcht im gemeinen Mann bei uns sitzen, sonst knnte das alles nicht sein.
(Aus einem Briefe Bismarcks an seine Gemahlin.)
11) Telegramm des Knigs an seine Gemahlin: Welches Glck, dieser neue groe Sieg durch Fritz! Preise nur Gott fr seine Gnade! Gewann einige 30 Geschtze, 2 Adler, 6 Mitrailleusen, 4000 Gefangene.
Mac Mahon war verstrkt aus der Hauptarmee. Es soll Viktoria geschossen werden. Wilhelm."
12) Napoleon ort Wilhelm:
Monsieur mon frere!
N'ayant pas pu mourir au milieu de mes troupes, il ne me reste qu' remettre mon epee aux mains de Votre Majeste.
Je suis de Votre Majeste le von frere
Sedan, le ler septembre 1870. Napoleon.
13) Anfang und Schlu der Proklamation: An das beutsche Volk."
Wir Wilhelm,
von Gottes Gnaden König von Preußen,
nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte bat einmtigen Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des Deutschen Reiches die seit mehr denn 60 Jahren
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ernst Wilhelm_I. Wilhelm_I. Wilhelm Napoleon Wilhelm Napoleon Wilhelm Gottes_Gnaden_König
Extrahierte Ortsnamen: Europas Deutschland Mahon Viktoria Sedan
Die Niederungen. 137
Eichenwald. Was anderwärts Landstraßen und Fuhrwerk bedeuten, das
gelten hier die Wasserarme und Kähne. Jung und alt versteht den kleinen
Kahn, den „Seelenverkäufer", meisterlich zu handhaben. Zu Kahn macht
man seine nahen und fernen Besuche, seine Einkauft, bringt den Dünger
aus den Acker, holt die Ernte heim. Der Kahn führt das Kind zur
Taufe, zur Schule, die Braut zur Kirche, den Toten auf den Begräbnis-
platz, den Briefboten, den Förster und Jäger an Ort und Stelle. Deckt
aber eine dicke Eiskruste die Wasserarme, so tritt an die Stelle des Kahnes
der Schlittschuh und der lange Eisspieß. Jung und alt fliegt dann Pfeil-
gefchwinv über die glatte Fläche, jeder zu seiner Arbeitsstätte. Im
Sommer ist der Spreewald eine unvergleichlich schöne Landschaft. Zahl-
lofe Fremde kommen dann hierher, um auf den sanften Fluten sich zu
ergötzen, an der Pracht der Natur sich zu erfreuen. Die Bewohner haben
wie die der Halligen ihre Häuschen auf künstlichen Hügeln erbaut, die ihnen
zugleich als Gemüfegärtchen dienen. Auch auf den größeren Ackerflächen
zieht der Spreewälder viel schönes Gemüse, das er nebst Fischen und
Geflügel nach Berlin liefert. (Der Spreewald ein Gemüsegarten für
Berlin.) „Saure Lübbenaner ißt Bürger und Bauer." Den Spreewald
bewohnt ein eigenartiger Menschenschlag Die Borfahren desselben waren
die heidnischen Wenden. Die Frauen kleiden sich durchweg noch wie die
Voreltern. Den Kopf ziert meist ein mannigfach verschlungenes Knoten-
tuch, den Leib ein rot und blau gestreifter Rock, die Brust ein Mieder.
Außer der vorherrschend wendischen Umgangssprache haben sie noch
mancherlei wendische Bräuche und Sitten erhalten, die namentlich bei
Familienfesten zur Geltung kommen. — Das Wasser (Fische, Krebse,
Geflügel), der Wald (Holzarbeit), die Wiese (Heu), der Acker (Gemüse),
die Jagd (Schnepfen und Hirsche) bieten dem sehr tätigen Spreewäldler
seinen Unterhalt.
In den vielen Tälern und Senken des östlichen Tieflandes stauten sich die
Wassermassen aus; große Strecken versumpften. Solche Sumpf- oder Bruchländer
befinden sich in besonders großer Ausdehnung an der Netze, der Warthe, der Oder
und Havel. Diesen Ödländern wandte der große Preußenkönig Friedrich Ii.
seine Aufmerksamkeit und Fürsorge zu. So ließ er bald nach seinem Regie-
rungsantritt das Havelland (Havel- und Rhinbruch) zwischen Rathenow und
Fehrbellin entwässern. Durch besondere Musterwirtschaften regte er die Land-
wirte an, dem Ackerbau große Sorgfalt zu schenken. Nach und nach entstanden
auf dem ergiebigen Neulande (4000 ha) 25 Dörfer. Der vorhandene gute Torf
diente bis vor kurzem allgemein als Hauptheizstoff in der ganzen Gegend. Um
das größte Sumpfgebiet, den Oderbruch bei Küstrin (660 qkm), in Frucht-
land zu verwandeln, wurde erst der Oderlauf durch Deiche eingefaßt. Die Ent-
wässerungsarbeiten dauerten über 100 Jahre und sind erst 1866 beendet worden.
Heute erblickt man an Stelle der früheren Moorflächen Raps-, Weizen-, Gersten-
felder und 43 freundliche Dörfer mit wohlhabenden Bewohnern. Als der Oder-
brnch kaum zur Hälfte urbar_ gemacht war, konnte der König freudig voraus-
schauend ausrufen: „Hier habe ich eine Provinz gewonnen, ohne einen Blutstropfen
zu vergießen!" Gleich nach dem glücklich beendeten siebenjährigen Kriege wurden
der Netze- und Warthebruch (Landsberg) in ähnlicher Weise urbargemacht
und der Netze- oder Brombergerkanal angelegt, der die Weichsel mit der
Oder verbindet.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Spreewald Berlin Berlin Rathenow Fehrbellin Netze-
Die Kuren.
ersten Storches sehr erfreut, wollte aber in ihrer großen Gutmütigkeit ihr Kammermädchen mit teilnehmen lassen an dieser frohen Überraschung. Sicher voraussetzend, daß dieses Naturkind in hellen Jubel ausbrechen werde, sagte sie auf lettisch zu ihr: „Eva," (es ist dies ein bei der kurländischen weiblichen Bevölkerung sehr häufiger Name) „Eva, sieh doch 'mal aus dem Fenster!" Welch Erstaunen indes ergreift die Gräfin, als ihre Eva, kaum daß sie aus dem Fenster gesehen, den Kopf abwendet und in Tränen ausbricht. „Aber, was hast du denn, Eva?" fragt die Gräfin. Nachdem das Kammermädchen lange vor Schluchzen kein Wort hervorzubringen vermochte, antwortet sie endlich: „Ach, gnädige Mutter, das hättet Ihr mir nicht zeigen sollen!" — „Und warum Denn nicht?" entgegnet, immer mehr in Staunen geratend, die Gräfin. „Ei, wißt Ihr denn nicht," antwortet das Kammermädchen unter einem reichen Tränenstrome, „daß, wenn man den ersten Storch fliegend erblickt, man noch ein ganzes Jahr keine Heimat findet." (Dieser Ausdruck bedeutet, wie mir erklärt wurde, nach lettischer Auffassungsweise: noch nicht verheiratet werden.) „Wenn man aber den ersten Storch auf dem Dache eines Hauses sieht, dann wird man auch bald als Frau in die Heimat einziehen."
Natürlich sprach ich gegen die Gräfin den Wunsch aus, bald die heiratslustige Eva sehen zu dürfen, und nicht lange darauf nannten wir sie alle auf meinen muntern Vorschlag: das Storchmädchen.
Die Kuren pflegten früher am Tage Allerseelen (2. November) in einem verschlossenen Zimmer einen Tisch hinzustellen, den sie mit Brot, Fleisch, Eiern, Honig, kurz, mit einer Menge Eßwarcn überluden, um die Geister der Voreltern m speisen. Sie taten solches in der Meinung, daß die selig Verstorbenen im Himmel alle ihre Lieblingsgerichte zu essen bekommen.
Die Religion der kurischen Landbevölkerung ist die evangelische. Es kommen nur einzelne römisch-katholische Gemeinden vor. Die griechisch-katholische Relig'on zählt unter den kurischen Bauern fast kein einziges Mitglied. Dr? russischen Popen (Weltgeistlichen) haben durch ihr; falschen Verheißungen, daß die zur griechischen Religion Übertretenden vom Staate Ländereien bekommen und von der Rekrutenaushebung befreit sein sollten, in Kurland sehr wenig ausgerichtet, weil die Gutsherren ihre Bauern warnten und ihnen stets zuriefen: „Trauet nicht diesen Vorspiegelungen!"
Ein Baron erzählte mir, daß ein kurischer Bauer von sehr Hellem Verstände nd schlagendem Witze durch ein einleuchtendes Beispiel seine Standes-genossen davon überzeugt habe, wie ihre lutherische Religion die bessere sei. Der Bar r sagte ungefähr folgendes: „Wenn einer von Euch ein Pferd aus den Markt in dir Stadt gebracht hätte, und ein Fremder machte sich an ihn heran, suchte ihn zu überreden,, daß sie ihre Ros'e gegenseitig austauschten und verspräche ihm eine bedeutende Summe dazu, was würdet Ihr da denken? Müßtet Ihr nicht unbedingt glauben, Euer Pferd sei viel besser als das seinige? So ist es auch mit der Religion der Popen. Sie versprechen Ländereien, Befreiung vom Militärdienst und alles mögliche (wie in Livland), wenn wir nur ihre Religion annehmen wollen. Ich denke, wir bleiben bei unserm
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Die Kuren.
4. Die Kuren.
Die Kuren sind die Ureinwohner Kurlands und gehören zur lettischen Völkerfamilie, weshalb sie auch meist als Letten bezeichnet werden.
Die Kuren setzten dem Ritterorden der Schwertbrüder, als diese im 13. Jahrhundert von Ostpreußen aus in ihr Land eindrangen, den tapfersten Widerstand entgegen. Sie kämpften mit derselben Todesverachtung für ihre Unabhängigkeit und ihre Götter wie die alten Preußen. Anfangs hatten die vortrefflich bewaffneten Schwertbrüder einen leichten Sieg über die mit Knütteln und Sensen kämpfenden Kuren. Als diese aber einen Schützen des christlichen Ordensheeres gefangen genommen hatten, lernten sie schnell den Gebrauch der Armbrust. In ihrem nächsten Kampfe bedienten sie sich den Rittern gegenüber dieser ihrer neuesten Waffe mit dem glücklichsten Erfolge. Doch wurden sie trotz heldenmütiger Verteidigung vom Deutschen Ritterorden unterworfen und zu Christen gemacht.
Sie blieben aber dem heidnischen Aberglauben recht lange ergeben. Noch heute ist der Aberglaube namentlich unter den kurischen Bauern verbreitet — wie ja fast überall auf dem Lande. So glauben diese Naturkinder an alle möglichen Geister und Kobolde.
Aus meinen eigenen Erfahrungen besinne ich mich, daß mir ein kurischer Edelmann von seinem Kutscher, dem ich wegen seines klugen, aufgeweckten Aussehens besonders zugetan war, die Mitteilung machte, er sei überaus abergläubisch. Der kurische Herr führte mir einen Fall aus seiner neuesten Erfahrung an. Bei seiner Rückkehr von einem Gutsbesitzer aus der Umgegend, spät am Abend, bemerkte er, als er in die Nähe seines Hofes kam, von weitem ein Licht, das ihm immer deutlicher und heller entgegenschimmerte. Er konnte sich den Ursprung desselben nicht erklären, da er keinen Menschen zu entdecken vermochte, der eine Laterne oder sonst etwas Leuchtendes in der Hand hatte. Voraussetzend, daß die jungen Augen seines Kutschers der Sache besser auf den Grund kommen werden, fragte er diesen, was das Licht zu bedeuten habe. Der arme Wagenlenker antwortete nun zähneklappernd: „Ach, gnädiger Vater, laßt uns eilen, daß wir nach Hause kommen! Das ist der Werwolf*), der uns beide auffressen wird." Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß für das Licht bald eine ganz natürliche Ursache ermittelt wurde.
Die Gräfin K., eine sehr behagliche, muntere und überaus gutmütige Dame, erzählte eines Tages beim heitern Mittagsmahle, daß ihr Kammermädchen ihr während des Ankleidens großen Scher; verursacht habe. Beim Wiedererzählen traten der Gräfin, da sie sehr herzlich lachen konnte, die hellen Tränen in die Augen. Sie hatte, als sie sich ankleiden ließ, aus dem Fenster geblickt und den ersten Storch über die Wiese fliegen sehen. Da die Nordländer bei ihren langen Wintern doppelt entzückt sind, wenn sie die ersten Frühlingsboten gewahr werden, so war auch die Gräfin beim Anblicke des
"0 Werwolf — ein Mensch, der Wolfsgestalt annehmen sann, um besonders den Menjchen zu Ichaden (ein schon im Altertum weit verbreiteter Volksglaube).
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meiste wild gefällt hätte. Mit nur wenigen Begleitern und einem tüchtigen Bracken schlug sich Held Siegfried in den Wald. Nicht lange, so hallte Berg und Tal wider von fröhlichem Iagdruf, von Hörnerschall und Hundegebell. Alle gaben sich mit Eifer und Lust dem edlen Weid" werk hin, aber keiner tat es dem kühnen Siegfried gleich. Kein Mild konnte ihm entrinnen; was der Hund aufscheuchte, war es Ur oder (Elen, Hirsch oder (Eber, alles ereilte er auf windschnellem Roß und schlug oder schoß es zu Tode. So vergnügte er sich in Heller Veid-mannslust, bis der Hornruf erscholl, der die 3ager Zum Mahle lud. Da wandte auch er sich der Richtung zu, aus der die Töne erklangen. Ruf einmal erhob sich vor ihm ein mächtiger Bar, aufgescheucht durch den Lärm der Jagd. Siegfried folgte ihm nach; aber das Tier verkroch sich in einem Dickicht, in welches der Held zu Pferde nicht ein* dringen konnte. Schnell stieg er ab und eilte dem Baren nach; er warf sich auf ihn, druckte ihn mit Riesenkraft zu Boden und band ihn mit starken Zesseln. Dann zerrte er das Tier aus dem versteck hervor und nahm es lebendig mit zum Sammelplatz. tdie staunten da die Jagdgesellen, als sie das gefesselte Tier erblickten! Siegfried aber gedachte durch den Bären eine herrliche Kurzweil zu schaffen und löste ihm jetzt die Bande. Mit Wut führ alsbald die Meute auf das Tier los, also, daß es scheu ward und floh und in die Küche geriet. Helj wie da die Köche sprangen, und wieviel gute Bissen verschüttet wurden -Allenthalben erscholl (Belachter und großes Getöse. Nun floh der B°r dem Walde zu, aber Siegfried holte ihn ein und schlug ihn mit dem Schwerte nieder.
14. Siegfrieds Xlob, In fröhlichster Stimmung setzte man sich darauf zum Mahle und tat nach der Anstrengung der Jagd den Speisen weidlich (Ehre an. Aber als Herr Siegfried zu trinken gehrte, ward es offenbar, daß kein Wein zur Stelle war. Der Ötr entschuldigte sich und schob die Schuld auf Hagen. Der aber sag er hätte vermeint, die Jagd solle im Spessart stattfinden und hat e deshalb den Wein dahin gesandt, hier sei nun kein anderer Rat °b den Durst mit Wasser zu löschen; denn in der Nähe wisse er einen kühlen Walbquell. Und als alle sich erhoben, um zu dem Brunnen zu gehen, sprach Hagen voll arger Tücke: „Man sagt, daß nieman euch, Herr Siegfried, im Laufe gleichkomme; wie wäre es, wenn das jetzt erprobten?" Dazu war Siegfried bereit, ja er erbot sich,tt^ Laufe all sein Jagdgewand und seine Waffen zu tragen,
Günther und Hagen im bloßen Hemd laufen sollten; dennoch h°n
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Herrlichkeiten der Gäste und ihre Freigebigkeit rühmte, da ward auch Wagens Töchterlein begierig, die Fremden zu sehen, und sie bat den Leiter, daß er sie zu Hofe kommen lasse. Das bewilligte er gern.
Reich geschmückt mit prächtigen Gewändern erschienen die Fremden und wußten sich so artig zu benehmen, daß die Königin und ihre Rechter gar große Kurzweil an ihnen hatten, vor allem bewunderten sie den Riten wate, seine hochragende, mächtige Gestalt, seinen eilen* btetten Bart und sein grimmiges Gesicht. Doch merkten sie gar bald, bttß sich mit ihm auch trefflich scherzen ließe, und er erschien ihnen nun weit minder furchtbar. Die Gäste zu ehren, ließ der König Ritter« Ipiele vor ihnen aufführen und fragte den alten Xdate, ob er auch ein Schwert zu führen verstände. Der Schalk aber erwiderte, er möchte viel darum geben, wenn es ihm einer lehren wolle. Sogleich rief Hagen seinen Fechtmeister herbei und hieß ihn Xdate fechten lehren, tiber wie mußte sich der des gelehrigen Schülers wundern, der bald f° kunstgerechte und wuchtige hiebe austeilte, daß der Meister um sein £eben bangte und mit weiten Sprüngen durch den Saal flüchtete. Darob lachte der König und forderte selber den Riten zu einem Gange Quf, um ihm einige feiner Schläge zu weisen. Doch bald merkte auch e* des alten Recken Meisterschaft, also daß er alle Kunst und alle Ktaft zusammennehmen mußte. Nachdem sie so eine Weile weidlich ^fochten hatten, hielten sie inne, und allenthalben gab es viel herzliches Gelächter über den Fechtschüler, der in so hohen Jahren toch so geschwind zu lernen verstände. Danach schieden die Fremden.
Rm Rbend desselbigen Tages hub Herr horemb an zu singen, 1° herrlich, wie man es zu Irland noch niemals gehört. Alles Volk strömte herbei, feinen Liedern zu lauschen, und auch der König und sein Gemahl horchten wie bezaubert vom Söller auf die süßen One. tinb wahrlich, horanb war ein Meister in seiner Kunst! Id ernt er feine weisen anstimmte, kam es wie ein Zauber über die Hörer, Angerissen waren alle und vergaßen des (Erbenlebens Leid und weh. selbst den Tieren klangen seine Lieder süß, und die üöglein in den Räumen verstummten, wenn seine Stimme erscholl. Ruch Jungfrau Hilde hatte von weitem die Klänge vernommen und bachte nun darauf, wie sie den Sänger bei sich im Gemache hören könnte. Und
der Vater es versagte, den Fremden zum Singen an den Hof zu ^bieten, stellte sie es heimlich an, daß horanb und Morung eines flbenbs boch zu ihr kamen. Als er gesungen hatte, bot sie ihm reich« tichen Goldeslohn. (Er aber bat nur um ein Rnbenken und offenbarte
Hoffman», Dos Nibelungenlied. (Bubrun. 3
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Schulformen (OPAC): Konfessionell gemischte Schule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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rechts bewußt, wodurch er jemandes Haß hätte auf sich lenken können. Darum wollte er an keine Gefahr glauben und hoffte zu Gott, daß er die Gattin in wenigen Tagen gesund wieder begrüßen werde. Noch einmal schloß er sein liebes Weib in die Arme und wandte sich — er sollte sie nie wiedersehen.
13. Die Jagd im Odenwalde. Die Jagdgenossen waren versammelt und brachen auf; sie setzten über den Rhein und kamen im Odenwalde an. Dort verteilten sie sich, um gesondert zu jagen, damit man nachher beim Imbiß ersehen könnte, wessen Hand das meiste Wild gefällt hätte. Mit nur wenigen Begleitem und einem tüchtigen Bracken schlug sich Held Siegfried in den Wald. Nicht lange, so hallte Berg und Tal wider von fröhlichem Jagdruf, von Hörnerschall und Hundegebell. Alle gaben sich mit Eifer und Lust dem edlen Weidwerk hin, aber keiner tat es dem Niederländer gleich. Kein Wild konnte ihm entrinnen; was der Hund aufscheuchte, war es Ur oder Elen, Hirsch oder Eber, alles ereilte er auf windschnellem Roß und schlug oder schoß es zu Tode. So vergnügte er sich in heller Weidmannslust, bis der Hornruf erscholl, der die Jäger zum Mahle lud. Da wandte auch er sich der Richtung zu, aus der die Töne erklangen. Auf einmal erhob sich vor ihm ein mächtiger Bär, ausgescheucht durch den Lärm der Jagd. Siegfried folgte ihm nach; aber das Tier verkroch sich in einem Dickicht, in welches der Held zu Pferde nicht eindringen konnte. Schnell stieg er ab und eilte dem Bären nach; er warf sich auf ihn, drückte ihn mit Riesenkraft zu Boden und band ihn mit starken Fesseln. Dann zerrte er das Tier aus dem Versteck hervor und nahm es lebendig mit zum Sammelplatz. Wie staunten da die Jagdgesellen, als sie das gefesselte Tier erblickten. Siegsrid aber gedachte durch den Bären eine herrliche Kurzweil zu schaffen und löste ihm jetzt die Bande. Mit Wut fuhr alsbald die Meute auf das Tier los, also daß es, scheu geworden, floh und in die Küche geriet. Hei, wie da die Köche sprangen und rote viel gute Bissen verschüttet wurden! Allenthalben erscholl Gelächter und großes Getöse. Nun floh der Bär dem Walde zu, aber Siegfried holte ihn ein und schlug ihn mit dem Schwerte nieder.
14. Siegsrieds Tod. In fröhlichster Stimmung setzte man sich bar auf zum Mahle und tat nach der Anstrengung der Jagb den Speisen weiblich Ehre an. Aber als Herr Siegfrieb zu trinken begehrte, roarb es offenbar, daß kein Wein zur Stelle war. Der Wirt entschuldigte sich und schob die Schulb aus Hagen. Der aber sagte, er hätte vermeint, die Jagb solle im Spessart stattsinben und hätte
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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Schulformen (OPAC): Konfessionell gemischte Schule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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liebte in seine Arme schließen. Die aber sprach: „Nicht doch, Hartmut! eine Wäscherin sollt ihr nicht umfangen. Sorget erst, daß ich und meine Mägdlein gekleidet und gespeiset werden, wie es uns gebührt! Die Bitte erfüllte Hartmut gern, und bald saß Gudrun mit allen Gespielinnen gebadet und reich gekleidet beim köstlichen Mahle. Als aber die andern noch trübselig dreinschauten, denn sie wußten nicht, was geschehen war, mußte Gudrun ihrer laut lachen. Nach der Mahlzeit führte sie alle in ein großes Schlasgemach, schob sogleich die Riegel vor und erzählte, was sie heute erlebt und was ihnen bevorstände. Großen Lohn versprach sie derjenigen, welche ihr zuerst am andern Morgen die Anwesenheit der Freunde verkünden würde. Dann begaben sie sich zur Ruhe und lagen bald in süßem Schlummer. Gerlinde aber hatte böse Ahnungen, denn es ward ihr berichtet, daß Gudrun so übermütig gelacht habe, und sie wußte sich diese plötzliche Umwandlung nicht zu erklären.
9. Die Vergeltung. Als der Morgen graute, erscholl in scharfen Stößen das Wächterhorn vom Turm. Die Burgleute fuhren vom Lager auf und in ihre Rüstungen. Da sahen sie, wie ein gewaltiges Heer von Feinden die Burg rings umstellt hatte, und Hartmut erkannte alsbald die Banner der Hegelinge und ihrer Verbündeten. Nur viertausend Streiter waren in der Feste, während wohl achtzigtausend davorlagen. Bei so ungleichem Kampfe war an Sieg nicht zu denken; daher riet Frau Gerlinde in ihrer Sorge um Sohn und Gemahl, daß sie sich hinter den Mauern verteidigen sollten. Doch Herrn Hartmut schien das nicht ehrenvoll, und er führte seine Schar zum Tore hinaus. Ungestüm fiel er die Feinde an und kämpfte mit Mut und Heldenkraft für Freiheit und Leben. Herrn Ortwein schlug er einen Hieb durch den Helm, daß das Blut auf den Panzer niederfloß; und es war ein Glück, daß Horand sie trennte. Doch auch der empfing eine Wunde und mußte weichen. Aber was nützte Hartmut alle Tapferkeit und Stärke! Die Übermacht war zu groß. Allenthalben wurden die Normannen zurückgedrängt. Und als gar ihr König von Herwigs Hand gefallen war, der an ihm den Tod feines Schwiegervaters rächte, sah auch der ritterliche Hartmut sich zum Rückzug gezwungen. Da aber alle Tore der Burg schon von Feinden besetzt waren, erhob sich ein verzweifelter Kampf hart an der Mauer, während die Frauen von den Zinnen zuschauten. Jetzt drang Wate gegen Hartmut vor und brachte ihn in große Bedrängnis. Als das Gerlinde erschaute, rief sie laut in das Getümmel hinab und bot großen Lohn, wenn einer Gudrun
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